Wenn ich eine Trennung verarbeite, dann ist für mich nicht jede Strategie in jeder Phase die richtige. Bei mir laufen die Phasen auch nicht ordentlich hintereinander ab, sondern wild durcheinander. Manchmal glaube ich, eine Phase übersprungen zu haben, bis ich dann wieder in ein früheres Stadium zurück geworfen werde. Je nach Ratgeber wird der Liebeskummer in 4, 5 oder mehr Phasen eingeteilt. Letztendlich ist die Anzahl und die Reihenfolge auch egal. Durch den Kummer muss man durch und wenn man fertig ist, merkt man es ganz von selber. Manchmal helfen gewisse Strategien für einen Eintritt in eine neue Phase, ein andermal kann man sich mit derselben Strategie auch in einer Phase fest fahren.
ABC-Darium
Das habe ich als Instrument im Kreativen Schreiben kennen gelernt. Wobei es bei mir in diesem Fall eher Blockaden erzeugt als die Kreativität anzukurbeln. Wenn ich mir unter Zeitdruck zu einem fixen Thema etwas zu jedem Buchstaben ausdenken muss, fühle ich mich wie in der Schulzeit, wenn die Themen der Deutsch-Schularbeit ausgeteilt wurden und ich innerhalb der Schulstunde zu einem vorgegebenen Thema etwas schreiben musste.
Wenn ich unter Liebeskummer leide und geneigt bin, meinen Verflossenen zu glorifizieren, ist es eine wunderbare Möglichkeit, mich damit in die Phase der Wut zu katapultieren. Wut ist ein wertvolles Gefühl, auch wenn es nicht immer angenehm ist. Ich denke einfach zu jedem Buchstaben im Alphabet an eine negative Eigenschaft und noch lange vor dem Z bin ich entweder wütend auf den Typen oder im besten Fall froh, ihn los zu sein. Es aufzuschreiben, ist natürlich noch kraftvoller, aber unterwegs kann ich die Übung auch im Kopf machen. Und sie hilft mir sogar beim Einschlafen. Liebeskummer und Sorgen jeder Art halten mich oft nachts wach. Bei dieser Übung bin ich dann meist schon lange vor dem Z eingeschlafen.
Natürlich ist das kein Allheilmittel gegen den Kummer, der von der Wut nicht endgültig hinweg gefegt wird, aber es hilft für den Moment und der Rückfall wird mit jedem mal ein wenig kleiner. Es kann einen allerdings auch dazu verleiten, in der Wut stecken zu bleiben, anstatt sie hinter sich zu lassen.
A alt – wie ihr in meinen Büchern lesen könnt, trifft das auf manche meiner Verflossenen zu. Sie sind älter als ich und nach der Trennung führe ich mir dann jedesmal die Nachteile einer solchen Konstellation vor Augen.
B besserwisserisch – diese Eigenschaft trifft auf viele Menschen (und oft auch auf mich selber, aber das ist ja schließlich kein Ausschlusskriterium) zu und lässt sich deshalb oft und gern hier einbauen.
C – hier muss ich schon ein wenig länger nachdenken. Um es nicht zu verkomplizieren, lasse ich oft einen Buchstaben aus und fülle ihn bei Gelegenheit, wenn mir etwas einfällt. Und für die Einschlaf-Übung kann es ganz gut sein, länger darüber zu sinnieren.
Musik
Welche Musik ich bei Liebeskummer höre, hängt auch sehr von Phase ab, in der ich gerade leide. Manchmal muss ich mich einfach in meinem Schmerz suhlen, und manchmal wird er dadurch auch ein wenig leichter hinterher. Oft gibt es auch einen Textschnipsel in einem Lied, der exakt auf meine Situation passt, der erklärt, warum die Trennung unausweichlich war und dann höre ich genau dieses Lied immer wieder. Gerne höre ich auch Lieder, zu denen ich tanze, mich lebendig und wild fühle. In meinem Buch „Trennung al dente“ spielt deswegen auch Musik eine Rolle.
Kontraproduktiv ist bei mir hingegen das Hören eines Liedes, mit dem positive Erinnerungen in der Beziehung verknüpft sind. Deshalb lösche ich solche Songs nach der Trennung aus meiner Playlist, genauso wie ich Fotos, Karten und sonstige Erinnerungsstücke entsorge. Wobei ich da oft nicht mit der gebotenen Konsequenz vorgehe – ich verräume Fotos in einer Schachtel irgendwo ganz tief unten, ich schreibe die Telefonnummer auf einen Zettel, bevor ich sie aus dem Handyspeicher lösche und die „gemeinsamen“ Lieder vergisst man ja meist auch nicht und kann sie zu gegebener Zeit wieder hervorholen. Das finde ich auch nicht schlecht, denn wenn der Schmerz ausgestanden ist, kann man sich wieder daran erfreuen, dass man diese schönen Zeiten erleben durfte.
Reisen
Ähnlich verhält es sich bei mir mit dem Reisen. Orte, an denen ich mit dem Verflossenen glücklich war, versuche ich nach einer Trennung tunlichst zu meiden, um nicht auch noch in einer frischen Wunde zu stochern.
Das Entdecken neuer Plätze kann mir einen Stimmungsboost bescheren, oder auch das Gegenteil auslösen. Das Betrachten romantischer Sonnenuntergänge zum Beispiel löst bei mir zwangsläufig den Wunsch aus, das Naturschauspiel zu teilen. Hier kann es schon hilfreich sein, mit einer Freundin zu verreisen, anstatt allein.
Was ich nach Trennungen gerne mache, sind Sport-Reisen, bei denen ich nicht zu viel zum Nachdenken komme. Freunde unterstellen mir dann manchmal, vor mir selbst weg zu laufen, aber das ist dann halt so. Alles was hilft, ist richtig. Und manchmal lerne ich dabei auch interessante Menschen kennen, so wie im dritten Teil meiner Trennungs-Trilogie.
Sport
Sport ist bei mir ein ganz wunderbares Mittel, mit dem ich mich so auspowern kann, dass ich sogar zum Trauern zu erledigt bin. Ebenso wie beim Reisen achte ich aber darauf, nicht zu viele „weißt-du-noch“ – Momente auszulösen. Ganz besonders meide ich am Anfang Sportstätten mit erhöhter Wahrscheinlichkeit, den Ex zu treffen. Wenn ich mich dann wieder dorthin wage, bin ich stolz, die nächste Stufe erklommen zu haben.
Dating
Ob diese Strategie hilfreich ist oder nicht, hängt ganz von den Erwartungen ab. In den Ratgebern wird meist davon abgeraten. Zuerst muss man die zerbrochene Beziehung verarbeitet haben, bevor man sich für eine neue öffnen kann. Das stimmt wahrscheinlich auch. Manchmal kann Dating aber auch ego-boostende Wirkung entfalten, auch wenn man nicht den Partner des Lebens trifft. Obwohl ich meine Dates in dieser Lebenslage ehrlicherweise schon mit diesem Wunsch im Hinterkopf getroffen habe.
Und manchmal kann sich eine Verliebtheit ergeben, die einen über schwierige Zeiten trägt, ohne dass sich daraus eine tragfähige Partnerschaft entwickelt. Und das ist dann auch gut. So wie es mir in „Trennung al dente“ passiert ist.