einatmen – ausatmen – bei mir sein

vier Takte für mehr Klarheit

Ich stehe vor einem Problem. Nicht so einem kleinen Alltagsproblem, wobei die Grenzen ja fließend sind und es keine genaue Definition gibt. Außerdem empfindet das jeder anders. Was für den einen ein existenzielles Problem darstellt, mag einen anderen nicht in seinen Grundfesten erschüttern. Das liegt allein schon an den unterschiedlichen materiellen und emotionalen Voraussetzungen, mit denen wir ins Leben starten.

Jetzt aber sehe ich mich wirklich mit Herausforderungen konfrontiert, die mein Leben in eine andere Umlaufbahn katapultieren werden. Ich sehe nur noch nicht, in welche. Und ich weiß nicht einmal, ob ich das überhaupt beeinflussen kann. Je nach Tagesverfassung sehe ich entweder gar keine Lösung oder ich drehe mich im Kreis zwischen potenziellen Wegen aus der Krise und verfange mich im Spinnennetz der Kombinationsmöglichkeiten aus Entscheidungen und Konsequenzen, aus lauter „wenn a dann b, wenn darauf c dann d oder doch zurück zu a“. Wenn ich in diesem Netz eingesponnen hänge und meine Gedanken weder vor noch zurück wissen, bin ich wieder dort angelangt, wo ich gar keine Lösungen sehe. Zurück zum Start. 

Was tun? Wie komme ich aus diesem Teufelskreis? Erste Anlaufstelle ist der Lebenspartner. Das macht die Sache fast noch schlimmer, denn jetzt fühle ich mich auch noch unverstanden und habe einen Streit vom Zaun gebrochen. Ich muss selber einen Ausweg finden, auf dem er mich dann hoffentlich unterstützen wird.

Warum nur habe ich das Journaling so vernachlässigt in letzter Zeit? Keine Zeit ist keine Ausrede. Keine Kraft ist vielleicht eher zutreffend. Es ist ja nicht von heute auf morgen gekommen. Es hat sich angekündigt. Wenn ich es hätte wissen wollen, hätte ich es wissen können. Wie so oft im Leben, habe ich aber die Verleugnung bevorzugt. Bis das nicht mehr möglich war. Wenn ich schon in der Krise stecke, fällt es mir schwerer, wieder Zugang zum heilsamen Schreiben zu finden. An manchen Tagen funktioniert es sogar und ich fühle mich nach dem Schreiben besser als vorher, fühle einen Hauch von Zuversicht und manchmal sogar eine ferne Ahnung, wie es gehen könnte. Das ist immerhin ein erster Schritt.

Als nächstes vertraue ich mich einer Psychologin an. Das tut schon mal gut. Und sie führt mich sanft auf ein paar Lösungsmöglichkeiten. Welche die richtige ist, weiß ich zwar immer noch nicht, aber ich habe wieder einen etwas klareren Blick darauf, wer ich bin, was mich ausmacht und was meine Optionen sind. 

Und dann führt endlich der Zufall Regie, von dem manche behaupten, es gäbe ihn gar nicht. Eine Freundin von mir bietet Ayurvedic Breathwork an und startet mit einer friends-and-family-Phase von flowingprana.at. Ich habe keine Ahnung was das sein soll und google erst mal. Atemarbeit? Als ich noch fit genug für Yoga war, in meinem anderen Leben also, gab es am Ende der Klassen auch meist einen Entspannungsteil, wo man sich auf den Atem konzentrieren sollte. Das ist mir meist schwer gefallen. Wenn der anstrengende Teil vorbei war und ich auf der Matte lag, wanderten meine Gedanken meist schon nach Hause. Würde ich es noch rechtzeitig nach Hause schaffen für ein gemeinsames Abendessen mit meinem Sohn? Was steht sonst noch an heute, was muss ich noch erledigen? Die Klasse vorzeitig zu beenden und einfach aufzustehen, damit ich sicher pünktlich daheim bin, ist natürlich keine Option, wie sieht das denn aus und außerdem verbreitet das Unruhe hier, wo doch außer mir alle so gut entspannen können. Ich warte also, bis alle fertig entspannt haben und rolle dann meine Matte zusammen.

Und jetzt soll ich also nur den Entspannungsteil ohne Yoga machen? Spannender Gedanke. Aber da ich ja ohnehin kein Yoga machen kann und es meine Freundin ist, wage ich einen Versuch. Bei der Anreise bin ich etwas aufgeregt. Ich bin ja nicht so der Gruppentyp. Wenn es sich nicht vermeiden lässt, für alpine Ausbildung zum Beispiel, habe ich mich schon Gruppen begeben und dann fand ich es auch meistens gut. Aber zum Atmen? Andererseits muss man dabei wenigstens nichts reden. 

Das Studio Atemraum empfängt mich mit einer warmen Atmosphäre, die Yogamatten sind erstaunlich bequem und das Meditationskissen auch. Christina führt so souverän durch die Stunde, als würde sie das seit Ewigkeiten machen. Ich überlasse mich ihrer angenehmen Stimme, die mich durch die Übungen geleitet und meinen Atem sanft in einen Rhythmus bringt. Und dann passiert es. Plötzlich habe ich das Gefühl, ganz bei mir zu sein. Beim ersten mal nur ganz kurz, wie eine Ahnung davon, was sein könnte. Aber dieses Gefühl erzeugt definitiv einen Wunsch nach mehr. Ich möchte das nochmal erleben und komme wieder, nicht nur wegen des guten Tees nach der Stunde.

Beim zweiten Mal finde ich schon viel rascher in den Atemrhythmus und in die Entspannung. Am Tag darauf sitze ich im Bus auf dem Weg zu einem wichtigen Termin. Ich fange bereits an, mein Leben in neue Bahnen zu lenken. Wie immer in solchen Situationen fühle ich einen Klumpen in meinem Bauch und jetzt passiert Erstaunliches. Ich beginne so zu atmen, wie ich es gestern gelernt habe. Viermal ein – viermal aus – viermal ein – viermal aus. Während ich so vor mich hin zähle, löst sich der Klumpen langsam auf.

Mögliche Optionen stehen nach dem Termin im Raum. Noch fühle ich mich zu keiner Entscheidung fähig. Die nächste Breathwork-Klasse hält wieder eine erstaunliche Erfahrung für mich bereit. Während ich tiefenentspannt nach dem vorgegebenen Rhythmus vor mich hin atme, fühle ich mich wieder ganz bei mir, so wie es in der ersten Stunde schon kurz bei mir angeklopft hat. Nur kommt dieses Gefühl diesmal schneller, bleibt länger und tiefer. Und dieses entspannte Ich weiß plötzlich, was zu tun ist. Nein, es fühlt sich sogar so an, als würde mein entspanntes Ich sogar schon in dieser neuen Realität leben. Ich koste das Gefühl aus, bis ich sanft wieder in die Wirklichkeit zurückgeführt werde. Während ich meinen Tee trinke und mit den anderen plaudere, komme ich immer mehr dort an und die Zweifel gewinnen wieder die Oberhand. Das kann man ja nicht machen, da spricht doch dies und jenes dagegen und überhaupt. Ich lasse meinen Zweifler vor sich hin reden und freue mich auf die nächste Stunde. Irgendwann werde ich die richtige Entscheidung treffen, ganz sicher. 

In der Woche darauf bin ich am Dienstag leider verhindert. Ich probiere die online-Klasse am Mittwoch, besser als gar nichts. Rechtzeitig vor Beginn der Zoom-Session enthaare ich mein Meditationskissen, das der Kater zwischenzeitlich als bevorzugten Schlafplatz auserkoren hatte und fülle mir einen Tee für danach in die Thermoskanne. Und wieder werde ich überrascht, es funktioniert auch Online, ich fühle mich wieder bei mir. Wie schön, diese Möglichkeit zu haben.

Wenn ich es einrichten kann, genieße ich lieber die Präsenz-Klassen, denn ich meine eine gemeinsame Energie zu spüren. Von einer solchen hatte auch ein Yoga-Lehrer einmal geredet, aber in Yoga-Klassen hatte ich bisher hauptsächlich eine kompetitive Energie verspürt. Vielleicht bildete ich mir die aber auch nur ein. Hier jedenfalls fällt das weg, obwohl Christina mittlerweile auch beruhigende Yoga Flows und erdende Yin Yoga Haltungen in die Stunde integriert. Ich fühle mich aufgehoben und habe kein Problem damit, die eine oder andere Haltung zu modifizieren oder weg zu lassen, wenn mein Körper dagegen ist.

Wenn ihr in Salzburg wohnt, könnt ihr euch selbst von der Energie im Studio AtemRaum überzeugen. Wenn nicht, könnt ihr hier https://www.flowingprana.at/ einen online-Termin buchen und auf der ganzen Welt dabei sein und vielleicht treffen wir uns einmal in einer Klasse!